Der Hass und die Scham

Die Deutschen und Israel

Von Ernst Eichengrün

Der Gaza-Konflikt hat jüngst die Gemüter erhitzt. Er traf hierzulande auf eine seit Jahren immer stärker gewordene Gefühlslage: Kritik an Israel war zu einem zentralen Punkt des Zeitgeistes geworden.

Zunehmend hatte es wehleidig geheißen, man würde Israel ja wohl noch kritisieren dürfen. Aber: War diese Kritik denn verboten? Wurden Kritiker denn mundtot gemacht? Nein, die weite Resonanz, die selbst extreme Kritiker fanden und auch die Einseitigkeiten in vielen unserer Medien beweisen das Gegenteil. Doch dann müssen sich die Israel- Kritiker auch gefallen lassen, ihrerseits kritisiert zu werden. Es muss uns erlaubt sein, uns Gedanken über die Motive und Ziele sowie über die Folgen der Aktionen dieser Kritiker zu machen. Und das soll hier geschehen.

Kritik unter Freunden?

Unter Freunden sei Kritik legitim und sogar hilfreich, so heißt es oft abwiegelnd. Dass eine solche Kritik ihre Grenzen haben sollte, wird dabei unterschlagen. Und ob es sich tatsächlich um „Freunde“ handelt, wäre ernstlich zu prüfen.

Zunächst einmal: Es wäre ungerechtfertigt, die grundsätzlichen Verteidiger der israelischen Politikren. Beileibe nicht alle stehen dieser Politik völlig kritiklos gegenüber. Ebenso kann man die westlichen Kritiker an Israel nicht alle in einen Topf werfen. Sie unterscheiden sich in ihren Positionen, in der Art, sie zu vertreten, in ihren Motiven und in ihren Zielen.

Ginge es den Kritikern nun vor allem darum, durch gezielte, sachliche Kritik Israel zu der einen oder anderen Kurs-Korrektur zu bewegen, dann ist das einigen gründlich misslungen; denn wer sich mit überzogener Agitation darum bemüht, ein Feindbild von Israel zu schaffen, wer sich davor hütet, auch an den Palästinensern Kritik zu üben und wer sogar einseitig zugunsten der Palästinenser Stellung bezieht, dessen Kritik ist nicht nur kontraproduktiv, sie kann auch schwerlich als die eines „Freundes“ akzeptiert werden.

Sicherlich ist es legitim, die Öffentlichkeit auf Unrecht in Vergangenheit und Gegenwart hinzuweisen. Doch eine andere Sache ist es, das von außen und in Form einer gewaltigen, einseitigen Kampagne zu machen. Das weckt den begründeten Verdacht, es ginge Einigen um die Delegitimierung der Existenz Israels überhaupt. Diese Kritiker sollten endlich damit aufhören, sich als „Freunde Israels“ auszugeben.

Die Motive der Kritiker

Ihre Motive sind unterschiedlich: Einige handeln aus Sensibilität für Unrecht, sind dabei freilich oft recht einäugig, sehen das Problem unterkomplex und nie im Sinne einer Verantwortungsethik, einige von ihnen mögen zuvor auch ein idealisierendes Bild von Israel gehabt haben; als dieses in die Brüche ging und sich herausstellte, dass auch Juden nichts Menschliches (also einigen auch nichts Unmenschliches) fremd ist, schlug aus Enttäuschung Sympathie in Antipathie um. Andere Kritiker haben freilich weiterreichende politische Ziele: generelle Mobilisierung gegen Israel. Das gilt für Kritiker von links- und rechtsaußen. Insofern ist es kein Zufall, dass Ilan Pappe ausgerechnet der „National- Zeitung“ ein Interview gegeben hat und Norman Finkelstein gerne von der „Jungen Freiheit“ nachgedruckt wird.

Sicher: Es gibt Kritiker, die sich hin und wieder vom palästinensischen Terror distanzieren, von manchen sicherlich auch nicht nur als Alibi- Funktion gedacht. Doch wo bleiben die eindringlichen, ernstlichen Ermahnungen an die arabische Seite? Und wo bleibt das Erschrecken darüber, dass ganz Palästina jubelt, wenn unschuldige israelische Jugendliche mit voller Absicht von Palästinensern getötet werden? Hingegen herrscht, wenn bei Kampfhandlungen unbeabsichtigt palästinensische Zivilisten getötet werden, in Israel zumeist Betroffenheit. Dieses Gefälle an Humanität nicht mit in die Abwägung einzubeziehen, so verständlich die arabischen Emotionen oft auch sein mögen, reduziert den moralischen Anspruch der Kritiker auf eine punktuelle, wenn nicht gar instrumentalisierte Moral.

Bei vielen Kritikern herrscht Schwarz-Weiß- Malerei vor. Israel wird Rassismus vorgeworfen, doch man schweigt dazu, wenn arabische Stimmen die Juden als „Affen und Schweine“ bezeichnen. Kennzeichnend ist auch die Sprache dieser Kritiker: Da wird von genereller Brutalität geredet, von Apartheid, von Rassismus, Kolonialismus, Genozid und Holocaust. Und da wird Israel allzu gern mit den Nazis verglichen. Manche scheuen auch nicht davor zurück, mit Thesen einer Weltverschwörung, gar einer „Israelisierung der ganzen Welt“, alte antisemitische Stereotype zu bedienen. Es handelt sich hier eindeutig um den Versuch einer Dämonisierung Israels.

Die Fehler der Kritiker

Was bei der Welle an Kritik auffällt, ist erstens: Sie konzentriert sich übermäßig auf Israel; ethnisch motivierte Verfolgung mit einer viel höheren Zahl ziviler Opfer, wie im Sudan und Tschetschenien, oder auch Unterdrückung, wie u. a. in Burma, China, Nordkorea und Kuba, ziehen – wenn überhaupt – bei Weitem nicht das  Ausmaß an organisiertem Protest auf sich wie gerade Israel. Von den Rechten der Frauen in der islamischen Welt ganz zu schweigen. Wo bleiben die Proteste, wenn Moslems sich aus ideologischen Gründen gegenseitig abschlachten, wie z. B. damals in Algerien oder heute im Irak?

Zweitens sind viele Kritiker einäugig: Sie sehen nur die israelischen Aktionen, nicht jedoch die der Araber. Wo blieb das Erschrecken über die Heroisierung des mehrfachen Mörders Samir Kuntar? Wo bleibt die Kritik an den Vernichtungs-Drohungen aus Teheran? An der Anstachelung von Hamas und Hisbollah durch den Iran, um den Friedensprozess zu sabotieren? Sieht man nicht die offizielle Hasspropaganda der Araber, die sogar auf die „Protokolle der Weisen von Zion“ zurückgreift; weiß man nicht, dass diese Hasspropaganda wichtiger Bestandteil der Lehrpläne und der Schulbücher an palästinensischen Schulen ist, sogar an den vom Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) unterhaltenen Schulen? Und mit Geldern der EU.

Erkennt man nicht, dass es manchen Palästinensern keineswegs nur um die Beendigung der Besetzung der Westbank geht, sondern um die Auslöschung Israels? Oder will man es nicht sehen? Findet man es vielleicht sogar richtig?

Drittens ignoriert diese Bewegung die Komplexität des ganzen Problems und das Dilemma, in dem die israelische Politik unentrinnbar steckt. Die Realität wird zu weiten Teilen einfach ausgeblendet. Ein Bemühen um abgewogene, alle Faktoren berücksichtigende Differenzierung fehlt. Oft werden Ursache und Wirkung miteinander verwechselt. Die Kritik ignoriert zudem die israelischen Befürchtungen, die auf realen Erfahrungen fußen, die Ängste, die die Israelis immer wieder heimsuchen. Dass sie den Friedensprozess zunehmend skeptisch beurteilen, liegt eben daran, dass die weitreichenden Konzessionen 2000/2001 mit der zweiten Intifada beantwortet und die Räumung des Gaza-Streifens mit 6500 Raketen „belohnt“ wurden.

Was schließlich fehlt, ist jegliche Differenzierung innerhalb des Lagers aller Israel-Kritiker. Solange die ethisch Motivierten sich nicht von den Radikalen abgrenzen und ihnen öffentlich entgegentreten, werden sie unvermeidlich mit ihnen in einen Topf geworfen werden. Gerade die eher gemäßigten Kritiker sollten mäßigend auf die Palästinenser einwirken. Aber: Wo tun sie es? Im Gegenteil: Ihre einseitige Unterstützung der radikalen Palästinenser kann nur dazu führen, dass diese sich in ihren extremen Forderungen und Taten bestärkt fühlen.

Was sind nun die wahrscheinlichen Konsequenzen einer qualitativ wie quantitativ überzogenen Kritik an Israel, ob die Kritiker es so wollen oder nicht?

Israel wird zunehmend als Störenfried empfunden, als Gefahr für den Weltfrieden. Seine Existenz und auch seine Gründung selbst erscheinen so als Sündenfall der Geschichte, den man so bald wie möglich rückgängig machen sollte. Sollte es in Zukunft zu einer wirklichen, Israels Existenz im Kern bedrohenden Krise in Nahost kommen, so könnte Israel - unabhängig von der Schuldfrage - hierzulande nicht mit Sympathie, erst recht nicht mit Solidarität rechnen: „Die Juden haben sich das selbst zuzuschreiben!“.

Aktuell: Gaza

War die einseitige Sicht auf Israel schon bislang im Übermaß vorhanden, so steigerte sie sich beim Gaza- Konfl ikt zu einem beispiellosen agitatorischen Zorn. Zugleich wurden die Tatsachen vollends ausgeblendet oder gar verfälscht.

Wer dabei dennoch als differenzierungsfähig gelten wollte, konzentrierte sich gern auf den Vorwurf, Israel habe unverhältnismäßig reagiert. Doch diese Kritiker sagennicht, was denn wohl als verhältnismäßig hätte gelten können: Ein Selbstmord-Attentat gegen ein Selbstmord-Attentat? Ein Schuss auf eine Schule in Gaza als Antwort auf die Beschießung einer israelischen Schule? Oder gar eine Rakete gegen jede einzelne der vielen Tausend Raketen? Das hätte wohl sehr viel mehr Opfer gegeben!

Und: Was hätte unterhalb der Schwelle des israelischen Eingreifens wohl den Raketen-Beschuss stoppen können? Hätte Israel diese Raketen einfach weiter hinnehmen sollen? Hätte es warten sollen, bis die Raketen Tel Aviv treffen?

Israel hat recht lange gewartet, ehe es auf den Bruch des Waffenstillstandes 2008 reagiert hat. Gerade das mag übrigens viele Israelis dazu bewogen haben, bei den jüngsten Wahlen rechts zu wählen, im bedrohten Süden sogar überproportional.

Nun zu den zivilen Opfern in Gaza: So schrecklich jedes einzelne Schicksal auch ist – kein Zivilist wäre getroffen worden, wenn die Hamas nicht auf die unmenschliche, völkerrechtswidrige Taktik der menschlichen Schutzschilde gesetzt hätte. Und das mit voller Absicht. Israel sollte so vor das Dilemma gestellt werden, entweder nichts zu tun oder aber sich durch den Tod von Zivilisten die Kritik der Weltöffentlichkeit zuzuziehen..

Doch unsere Kritiker taten alles, um den Eindruck zu erzeugen, als kenne Israel keinerlei Hemmung. Aber hat es tatsächlich seine Stärke voll ausgespielt? Hat es etwa zu dem Mittel von Flächen-Bombardierungen, wie wir sie aus dem Weltkrieg kennen, gegriffen?

Hierzulande wurde auch kaum wahrgenommen, wie weit Israel beim Schutz von Zivilisten ging. So haben Piloten mehrfach nach dem Abschuss von Raketen auf ein Fahrzeug der Hamas diese Raketen umgelenkt, wenn dieser Pkw plötzlich von Zivilisten umgeben war. Doch solche Details fanden sich natürlich nicht in unseren vortrefflichen Medien.

Empörung erregte die Meldung, dass die Israelis am 6. Januar eine UN-Schule angegriffen und dabei 43 Zivilisten getötet hätten. Diese – auch von der UN-Flüchtlings-Organisation UNRWA bestätigte – Meldung wurde weit verbreitet und gab der Hamas-Propaganda gewaltigen Auftrieb. Inzwischen wurde ermittelt, dass keine einzige Granate diese Schule getroffen hat und in dieser Schule kein Mensch getötet wurde. Selbst die UNRWA hat das jetzt kleinlaut zugegeben. Welche Resonanz fand das in unserer Öffentlichkeit? Und wer wurde hierzulande darüber informiert, dass es ein Lehrer einer anderen UN-Schule in Rafah war, der dort selbst Raketen gebastelt hatte ?

Wir Deutsche besonders zur Kritik berufen?

Was uns Deutsche betrifft, so gibt es die These, wir hätten in erster Linie als Lehre aus der Vergangenheit die Aufgabe, von Israel begangenes Unrecht anzuprangern. Unsere Lehre aus der Vergangenheit ist jedoch vor allem die Aufgabe, hierzulande ein erneutes Anwachsen des Antisemitismus nicht zuzulassen. Unrecht braucht deswegen nicht kritiklos zu bleiben; doch welche groteske Ansicht, ja, welche geschichteverleugnende Anmaßung ist es, wenn die Kinder der Täter sich jetzt vor allen anderen dazu berufen fühlen, den Opfern lautstark - und zu einem großen Teil in der Sache ungerechtfertigt - die Leviten zu lesen!

Nein, unsere vornehmliche Aufgabe gegenüber Israel heißt: prinzipielle Solidarität. Schließlich auch: eine differenzierte Betrachtungsweise eines komplexen Problems und ein konstruktiver Beitrag zur friedlichen Lösung dieses Problems. Solange, was zu befürchten ist, eine solche Lösung vorerst nicht erreichbar ist, sollten wir zu einer deeskalierenden Regelung beitragen. Doch hiervon sind manche Israel-Kritiker weit entfernt. Bei ihnen schlägt Kritik in Hasspropaganda um, die den Nahost- Konfl ikt nur weiter anfacht.

Wer von Genozid und Völkermord fantasiert, wer Israel dämonisiert, hat aus unserer Geschichte wirklich nichts gelernt. Wo ein – ohnehin nicht gerechtfertigter – Zorn auf Israel in blanken Hass umschlägt, da muss diesen Tendenzen energisch entgegengetreten werden. Selbst wer öffentliche einseitige Kritik, an der ihn ja niemand hindert, für notwendig hält, sollte sich als Deutscher doch verbal mäßigen. Wer, wie MdB Norman Paech, außenpolitischer Sprecher der Links-Fraktion, davon redet, die Mehrheit des jüdischen Staates befi nde sich “im Blutrausch“, disqualifiziert sich selbst.

Doch mit der Haltung der Linkspartei (wohl richtiger als Linksaußenpartei zu bezeichnen) ist das ohnehin so eine Sache: Zwar hat Gregor Gysi seiner Partei ins Gewissen geredet und die Solidarität mit Israel als ein „moralisch gut begründbares Element der deutschen Staatsräson“ bezeichnet, doch allein die Tatsache, dass er einen solchen Appell an seine Partei für  notwendig hält, spricht Bände. Wohlweislich hat es dort in dieser Frage bislang auch keine Abstimmung gegeben. Und als kürzlich der Bundestag seine Resolution gegen Antisemitismus verabschiedete, verließen 11 Abgeordnete der Linksaußenpartei demonstrativ den Saal.

Dabei müsste den Erben der SED doch eines klar sein: Gerade auch die DDR hat gegenüber Israel Schuld auf sich geladen. Bis zum Schluss war die PLO ihr Lieblings-Partner, Terroristen-Ausbildung inklusive. Und, wie kürzlich erst bekannt geworden, hatte die NVA im Yom- Kippur-Krieg von 1973 schon einige ihrer Kampfflugzeuge nach Syrien gebracht, damit sie dort in den Krieg gegen Israel eingreifen. Wenn die Israelis diesen Krieg nicht rechtzeitig für sich entschieden hätten, dann wäre die Situation eingetreten, dass deutsche Piloten aus deutschen Flugzeugen auf Israelis geschossen hätten.

Stoppt den Hass!

In den letzten Monaten zogen viele große Demonstrationen durch unsere Straßen, auf denen die Forderung nach Frieden einseitig an Israel gerichtet wurde, ohne auch nur einen Gedanken an das Recht der Israelis auf Selbstverteidigung zu verschwenden. Demonstrationen, für die die Untaten der Hamas nicht existierten, ja, auf denen vielfach unter der grünen Fahne der Hamas marschiert wurde, jener Hamas, deren Ziel die Auslöschung Israels ist. Und vor allem gab es Demonstrationen, auf denen Teilnehmer genau dieses Ziel herausbrüllten. „Wir wollen siegen“, hieß es da, „Wir sind alle Hamas“ und schließlich „Alle Juden tot!“

Das mag zwar nicht für alle Teilnehmer gegolten haben, doch wo blieb die Distanzierung der vorgeblich Gemäßigten, denen es angeblich um Frieden geht, gegen die Radikalen? Offenkundig war der Hass auf Israel stärker als der vorgebliche Pazifismus, der sich als Zweck-Pazifismus erwies.

Und es zeigte sich hier deutlich, wie leicht Antizionismus in Antisemitismus umschlägt. Wenn sich auf deutschen Straßen 70 Jahre nach der „Reichspogromnacht“ vom 9. November 1938 in Deutschland heute wieder Leute finden, die in aller Öffentlichkeit den Juden ungeheuerliche Vorwürfe machen, sie beschimpfen, ja, den Tod der Juden fordern, so ist das ein ungeheuerlicher Vorgang, den wir nicht leichthin mit Hinweis auf die leichte Erregbarkeit der Moslems und die Dauer-Erregung unserer Autonomen abtun dürfen. Wird da nicht wieder genau die Stimmung erzeugt, die zur Reichspogromnacht führte? Egal, wie man die Politik Israels einschätzt, egal, zu welcher sachgerechten Einschätzung man kommt - es muss einen doch ein eiskalter Schauer packen, wenn man sieht, was heute in Deutschland wieder möglich ist. Und es beschleicht einen die Furcht, all das könnte sich noch steigern.

Solche verbalen Exzesse, solch ungenierten eliminatorischen Hass, das darf es hier einfach nicht geben! Das und vor allem das fordert jetzt unsere historische und aktuelle Verantwortung. Da geht es nicht darum, wie viel Solidarität geboten und wie viel Kritik erlaubt ist, da geht es mit absoluter Priorität darum, eine solche Beschwörung der Geister der Vergangenheit nicht zuzulassen. Wir haben das toleriert, manche mit dem Gefühl „Lassen wir sie einfach mal austoben“, andere mit der Meinung „So unrecht haben die ja an sich nicht“.

Wer als Deutscher jetzt nicht innehält, wem nicht klar wird, an welche Tendenzen er anknüpft, wer also nicht bereit ist, aus der Geschichte zu lernen, wer Fanatiker in ihrem Hass bestärkt, der muss wissen, welche Schuld er auf sich lädt.

Theodor Heuss hat einmal jenseits der Diskussion über unsere Kollektivschuld die Notwendigkeit der Kollektiv-Scham betont. Eine solche Scham müssten alle angesichts dessen, was sie im Januar unterstützt oder auch nur zugelassen haben, empfinden.

 

Erschienen in: FREIHEIT UND RECHT 2009 / 1