Hingerichtet im SED-Unrechtsstaat: Werner Hoffmann

Von Helmut Pfeiffer

Es muss daran erinnert werden, dass während der kommunistischen Herrschaft im östlichen Teil Deutschlands eine ganze Reihe von Todesurteilen verhängt und vollstreckt wurden – fast immer ohne Information der Öffentlichkeit. Eines davon traf Werner Hoffmann.

Am 7. September 1953 wurde Werner Hoffmann vom Bezirksgericht Karl-Marx-Stadt (jetzt wieder Chemnitz) zum Tode verurteilt. Der 1. Strafsenat des Bezirksgerichts war dabei besetzt mit dem Oberrichter Günther als Vorsitzenden, dem Technologen Johannes Höppner und dem Schlosser Hermann Blätterlein als Schöffen und der Justizangestellten Hensel als Protokollführerin. Die Anklage erhob Staatsanwalt Richter, Vertreter des Bezirksstaatsanwaltes. Das Urteil gründete sich auf „Kriegshetze verübt durch Spionage“ und auf „Friedensgefährdung“ – nach Art. 6 der Verfassung der DDR und Art. III A III der Kontrollratsdirektive 38.

Im gleichen Verfahren wurden Lothar Scheuner, Helmut Pfeiffer und Ulrich Kirmse zu lebenslangem Zuchthaus und Irene Hoffmann, die Ehefrau Werner Hoffmanns, zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Das pfändbare Vermögen sämtlicher Angeklagten wurde als Wiedergutmachungsbeitrag eingezogen und die Sühnemaßnahmen aus Art. 6 der Verfassung und Art. IX Ziff. 3–9 der Kontrollratsdirektive 38 gegen sie angeordnet. Die gegen das Urteil vom 7. September 1953 eingelegten Berufungen wurden vom Strafsenat 1 b des Obersten Gerichts der DDR am 6. Oktober 1953 zurückgewiesen. Ein Gnadengesuch wurde vom Präsidenten der DDR, Wilhelm Pieck, am 8. Februar 1954 abgelehnt. Das Todesurteil wurde am 20. März 1954 vollstreckt; der Bestattungsschein des Standesamtes Dresden nennt Herzmuskelinsuffizienz, Herzinfarkt als Todesursache.

Werner Hoffmann wurde am 22.10. 1926 geboren. Nach der Schule war er Verwaltungslehrling bei der Stadtverwaltung Chemnitz. Er wurde 1944 zur Marine eingezogen und geriet 1945 in englische Kriegsgefangenschaft, aus der er noch im gleichen Jahr entlassen wurde. Nach seiner Rückkehr war er Verwaltungsangestellter bei der Stadt Chemnitz, erst Sachbearbeiter, dann Verwaltungsinspektor. Er wurde 1950 als Referent in das Innenministerium der DDR in Berlin berufen, kam 1951 als Hauptreferent zur Stellenplaninspektion bei der Zentralen Kommission für staatliche Kontrolle.

Das Gericht warf ihm vor, mit einem Agenten des amerikanischen Geheimdienstes in Verbindung zu stehen und diesem Material aus seiner Dienststelle übergeben zu haben, auch solches, das geheim zu halten war. Dafür soll er Zahlungen in DDR-Mark und auch Gutschriften in Westmark auf ein besonderes Konto erhalten haben. Seine Gefährlichkeit wurde besonders darin gesehen, dass er „durch seinen verbrecherischen Vertrauensbruch den imperialistischen Kriegsbrandstiftern die umfassende Grundlage für den Aufbau eines Agentennetzes in der DDR lieferte“.

Der Generalstaatsanwalt der DDR, Dr. Ernst Melsheimer, berichtete dem Hohen Kommissar der UdSSR in Deutschland, zu Händen Oberst Jakupow, über die Verurteilung Werner Hoffmanns ausführlich (in russischer Sprache) unter anderem:

„Weil das Verbrechen des Hoffmann so groß ist und er dazu beigetragen hat, dass die faschistischen Provokateure den 17. Juni 1953 entfachen konnten, hat der Anklagevertreter die höchste Strafe für den Feind unserer Ordnung beantragt, worauf das Gericht auch antragsgemäß erkannt hat“.

Hier log Dr. Melsheimer! In Wahrheit hatte Werner Hoffmann, der am 5. Juni 1953 verhaftet wurde, keinerlei Bezug zum 17. Juni; dieser wurde auch im Verfahren nirgends erwähnt.

Irene Hoffmann wurde am 11. November 1960 aus dem Zuchthaus entlassen, Lothar Scheuner und Ulrich Kirmse am 3. November 1962 und Helmut Pfeiffer am 17. Dezember 1964.

Werner Hoffmann wurde rehabilitiert, ebenso auch die anderen. Der 2. Senat zu Rehabilitierung des Landgerichts Dresden beschloss am 17. Februar 1993:

„Das Urteil des Bezirksgerichts Karl-Marx-Stadt vom 07.09.1953 – 1 Ks 249/53 – sowie das Berufungsurteil des Obersten Gerichts der DDR vom 06.10.1953 – 1 b Ust 507/53 – werden für rechtswidrig erklärt und aufgehoben. Die darin Verurteilten sind rehabilitiert.“ Damit wurde eindeutig rechtlich festgestellt, dass Werner Hoffmann infolge seiner Verurteilung als eines der zahlreichen Opfer der politisch gelenkten DDR-Justiz sein Leben verlor.

Der Autor: Helmut Pfeiffer ist Jurist und lebt in Nordhausen/Thüringen. Von Juni 1953 bis Dezember 1964 verbrachte er elfeinhalb Jahre in Zuchthäusern der DDR. Kontakte in Westberlin waren ihm als „Spionage“ zur Last gelegt worden. Vor zwei Jahren erschien sein Buch, herausgegeben von der Landesbeauftragten des Freistaates Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR: Lebenslänglich. Freiheit verloren, Recht verloren, Erfurt 2005.

Erschienen in: FREIHEIT UND RECHT 2007 / 2