Befreiung des KZ Flossenbürg

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hielt in Vertretung von Ministerpräsident Horst Seehofer die Hauptrede auf der Gedenkveranstaltung am 25. April 2010

Am Beginn seiner Rede würdigte Staatsminister Herrmann den Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer, den die SS umbrachte – nur zwei Wochen bevor sich die US-Army bis nach Flossenbürg durchgekämpft hatte und die Häftlinge befreite. Er dankte den heutigen Verbündeten und Freunden, deren kampfstarke Armee das Gräuel der NS-Diktatur beendete.

Weiter führte der Minister aus:

An die Befreiung dieses KZ vor 65 Jahren heute zu erinnern ist vor allem aber auch wichtig für eine Generation, die die Schrecken und die menschenverachtenden Untaten der Nazi-Zeit nicht mehr aus eigenem Erleben kennt.

Denn diese jungen Menschen werden darüber entscheiden, wie Deutschland in Zukunft mit dem dunkelsten Kapitel unserer Geschichte umgehen wird. Ihnen müssen wir in besonderer Weise das „Nie wieder“ vermitteln, das aus dieser KZ-Gedenkstätte als Ort der Unmenschlichkeit und unvorstellbaren Verrohung so eindrücklich spricht. Hier können junge Männer und Frauen die überragende Bedeutung der universalen Menschenrechte, der Toleranz und der Mitmenschlichkeit erfahren. Flossenbürg stellt sich der Diskussion und baut damit Brücken für eine verantwortungsvolle Geschichtsbewältigung und eine Aussöhnung auf internationaler Ebene. Dies macht die bayerischen Gedenkstätten für den NS-Terror zu unersetzlichen Schulen für Demokratie und Werte erziehung. Die Arbeit der Stiftung Bayerische Gedenkstätten und der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg genießt national wie international einen hervorragenden Ruf. Flossenbürg ist für Bayern als Erfahrungs- und Erinnerungsort für die Aufklärung über die NS-Barbarei, aber auch als Ort der in die Zukunft weisenden Wertevermittlung von unschätzbarer Bedeutung.

Wir brauchen die geschichtlichen Lehren, um gefeit zu sein gegen die Geschichtsverklärung der ewig Gestrigen und gegen die Verführungen und Verirrungen moderner Ideologien, gegen die Rattenfänger einer neuen rechtsextremistischen Gesinnung. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, war und ist ein Auftrag, den die Bayerische Staatsregierung sehr ernst nimmt. Der Freistaat Bayern ist sich seiner historischen Verantwortung in einem ganz besonderen Maße bewusst: Das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, die Dokumentationseinrichtung Obersalzberg oder die Umgestaltung der ehemaligen Konzentrationslager Dachau und Flossenbürg waren eine große finanzielle und konzeptionelle Leistung. Sie sind wichtig, um dem Vergessen entgegenzutreten.

Die richtigen Lehren aus der Geschichte zu ziehen, heißt der künftigen Entwicklung rechtsextremistischer Bestrebungen entschlossen entgegenzutreten. Ergänzend zu den bisherigen vielschichtigen Maßnahmen habe ich vor über einem Jahr ein Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus vorgelegt, das noch eine Reihe zusätzlicher Akzente setzt. Ich nenne hier nur beispielhaft:

Bayerisches Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus

– die Errichtung eines umfassenden Informationsportals „Bayern gegen Rechtsextremismus“ beim Landesamt für Verfassungsschutz sowie

– die Schaffung einer zentralen Informationsstelle gegen Extremismus.

Gerade diese im Frühjahr 2009 eingerichtete Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) findet große Akzeptanz bei der Bevölkerung, bei den Kommunen, Schulen und Verbänden. Sie ist nicht nur wichtiger Ansprechpartner. Zusammen mit der Landeszentrale für politische Bildung stellt sie auch im Internet ein für jedermann zugängliches umfangreiches Informationsangebot zum Rechtsextremismus zur Verfügung.

Information und Prävention allein aber genügen nicht. Ich sehe in den demokratiefeindlichen und menschenverachtenden Vorstellungen der NPD eine erhebliche Gefahrenquelle. Die NPD ist eine zentrale organisatorische Plattform für viele Rechtsextremisten in Deutschland. Selbst innerparteiliche Finanzkrisen und Skandale führten bislang nicht dazu, dass sie sich auflöst. Damit sie endgültig aus der Parteienlandschaft verschwindet, werde ich mich weiterhin für ein Verbot der NPD einsetzen. Gegenwärtig gibt es dafür allerdings weder im Bundesrat noch im Bundestag eine Mehrheit.

Ich hoffe sehr, dass wir mit einem breiten gesellschaftlichen Engagement im Kampf gegen Rechtsextremismus und Extremismus jedweder Couleur weiterhin erfolgreich sein werden. Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit sind ein hohes Gut. Bleiben wir wachsam, damit keine schleichende Entfremdung von diesen Werten mitten in unserer Gesellschaft stattfindet!

Gerade Israel und das Judentum sind heute aber nicht nur durch Rechtsextremismus bedroht, sondern mindestens so stark durch wesentliche Teile des radikalen Islamismus. Auch diesen Gefahren müssen wir wirksam begegnen. Gegenüber fanatischer Intoleranz darf es keine falsche Toleranz geben. Das ist auch eine Lehre aus 1933: Wer intolerante Gegenüber zu lange toleriert, läuft Gefahr, dass die Intoleranten die Macht übernehmen.

Die Bayerische Verfassung von 1946 und das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland prägen eine wehrhafte Demokratie. Eine wehrhafte Demokratie, die wir den letzten 60 Jahren erfolgreich aufgebaut und entwickelt haben. „In Verantwortung vor Gott und den Menschen“, wie die Präambel des Grundgesetzes formuliert.

„Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“

Lassen Sie uns in dieser Zuversicht alles dafür tun, dass solche Gräueltaten nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt nie wieder geschehen können!

Erschienen in FuR 2010 / 2

Die komplette Rede ist nachzulesen unter http://www.stmi.bayern.de/imperia/md/content/stmi/service/reden/100425_flossenbuerg.pdf